Digital Signage wohin das Auge reicht
Oh je, nur noch drei Stunden, bis mein Flieger geht! Wie passiert so etwas nur immer wieder? Jedes Mal stelle ich mir den Wecker rechtzeitig und plane genug Zeit ein, doch dann wird das Kaffeetrinken doch etwas zu gemütlich und die letzten notwendigen Dinge wollen noch gepackt werden. Also bin ich nun wieder mal in Eile und rausche aus dem Haus in Richtung Bäckerei. Überrascht stelle ich fest, dass die alteingesessene Bäckerei jetzt wohl auch auf den Geschmack von Digital Signage gekommen ist: im großen Schaufenster ist jetzt ein riesiges Display aufgestellt, welches die Herstellung meiner Lieblingsbrötchen zeigt. Ein Video in warmen Tönen zeigt Ulli, den Besitzer der Bäckerei, wie er den Hefeteig knetet und dann mit geschickten Bewegungen ausrollt, schneidet und kleine Brötchen daraus formt. Ehe ich es realisiere, habe ich bereits drei Minuten damit vorbracht nur vor dem Schaufenster zu stehen und mir dieses Video anzugucken, Digital Signage schafft es doch immer wieder. Ganz nett eigentlich, aber Mist! Jetzt bin ich noch später dran als zuvor.
Ich eile also in den Laden, beim Klingeln der Ladentür schaut Marianne, Ullis Frau, die heute hinter der Theke steht, auf. Über ihrem Kopf sind ebenfalls neue Bildschirme angebracht, auf dem linken ist das reguläre Angebot angezeigt, rechts sehe ich, dass heute Salz- und Pfefferbrötchen im Angebot sind. „Morgen, Marianne! Das sieht hier ja alles so modern aus plötzlich“, sage ich und kann meinen Blick kaum von den Bildschirmen wenden. „Ja, der Ulli hat sich jetzt ein Digital Signage Konzept erstellen lassen. Ganz modern und mit der Zeit gehen, sagt er. Seitdem wir diese ganzen Bildschirme haben, sind aber tatsächlich einige neue Kunden in den Laden gekommen, junge Leute vor allem.“ „Ja, Digital Signage ist schon was Gutes, heutzutage kommt man auch kaum drumherum, würde ich sagen.“ Mit einem Blick auf die Uhr kommt dann jedoch ein leichtes Panikgefühl in mir hoch, deshalb frage ich Marianne, ob sie mir ein Salz- und Pfefferbrötchen mit dem üblichen belegen kann.
Auf dem Weg zur Bahn schlinge ich das Brötchen runter und bin überrascht, wie gut es schmeckt, da ich normalerweise etwas anderes nehme. Aber Ullis Digital Signage Konzept scheint wohl auch bei mir erfolgreich gewirkt zu haben. Gut für ihn. Wenn man erst einmal darauf achtet, denke ich, fällt einem auf, wie allgegenwärtig Bildschirme in unserem heutigen Leben geworden sind. Hier am Bahnsteig zeigt mir eine digitale Anzeige an, wann mein Zug kommt und dass er 10 Minuten Verspätung hat. Nicht gerade beruhigend für meine Nerven, aber zum Glück ist der Düsseldorfer Flughafen nur noch 30 Minuten entfernt, wenn ich es erst einmal in den Zug geschafft habe.
Gesagt getan, als der Zug vor mir hält steige ich ein und bin wiederum von Displays umgeben. Die einen zeigen ganz sinnvoller Weise die Stationen an, die als nächstes kommen – auch hier sind die 10 Minuten Verspätung eingerechnet. Aber auch hier werden die Bildschirme nicht nur informativ genutzt, die Deutsche Bahn hat wohl auch ein ganzes Digital Signage Konzept. Auf einem Display, der in Nähe der Tür angebracht ist, laufen die ganze Zeit nette Werbevideos. Man sieht, wie Techniker der Bahn an den Gleisen etwas reparieren, wie eine Kontrolleurin die Fahrkarten überprüft, dann wie eine Sachbearbeiterin im Büro am PC sitzt. Belustigt stelle ich fest, dass sie auf einem Bürostuhl sitzt, der genauso aussieht wie der Sitz, auf dem ich gerade im Zug sitze: Blau mit kleineren Kacheln, die in einem dunkleren blau gehalten sind. Ob dieser Stuhl wohl genauso unbequem ist, wie mein Sitz? Jedenfalls steht am Ende des Werbevideos geschrieben „Willkommen, du passt zu uns.“, wer sich dieses Digital Signage Konzept wohl überlegt hat? Danach laufen noch diverse andere Videos und animierte Bilder über den Bildschirm, ich widme mich jedoch lieber meiner Zeitung.
Als die Bahnfahrt dann endlich vorbei ist und ich am Flughafen angekommen bin, werde ich von Digital Signage quasi erschlagen. Wo immer mein Blick hinwandert, es erwartet mich ein Bildschirm, auf dem irgendwelche Werbung läuft. Ein großes Display verrät mir direkt, wie viel Zeit mir noch bis zu meinem Flug bleibt – nämlich beängstigend wenig. Ich suche also auf dem Bildschirm nach meiner Flugnummer und begebe mich zum Check-In. Links und rechts leuchten mir Pixel entgegen, hier gibt es wirklich kein Geschäft, Restaurant oder sonstiges, welches kein Digital Signage benutzt. Nachdem mich die Dame am Check-In Schalter gescholten hat, dass ich ja wirklich schon sehr spät dran sei, bin ich jetzt aber doch erleichtert, da ich es noch rechtzeitig für meinen Flug geschafft habe. Ich mache mich also auf zu meinem Gate, jetzt schlendere ich schon fast, ich kann es mir ja leisten. Die leuchtenden Reklamen der Geschäfte springen mir von allen Seiten ins Gesicht. Dabei fällt mein Blick jedoch besonders auf das einer Parfümerie, ich denke, dass ich meinem pariser Geschäftspartner mit einer kleinen Aufmerksamkeit bestimmt eine Freude bereiten kann.
Ich betrete die Parfümerie und stelle direkt fest, dass dieses Digital Signage Konzept das wohl außergewöhnlichste ist, das ich bisher erlebt habe. Der mannshohe Bildschirm zeigt mir nicht einfach nur die verschiedensten Produkte an, ich kann anscheinend damit interagieren. Mit einem eleganten „Hier berühren“-Hinweis tippe ich das Display an und schon wird mir eine Art Auswahl angezeigt. Ich kann mich dann für eine Herren- oder Damenrubrik entscheiden, dann klicke ich weiter auf Herrenparfüms. Aber mit nur einfachem Durchklicken ist dieses Digital Signage System nicht fertig, es stellt mir sogar fragen. Mag ich lieber eine schwere oder eine liebliche Duftnote? Soll es herb oder eher süßlich sein? In welcher Preiskategorie befinde ich mich? Als ich all diese Fragen mit einem Fingerdruck beantwortet habe, werden mir drei verschiedene Parfüms zur Wahl gestellt, auf die meine Kriterien wohl passen sollen. Wie effizient, denke ich. Als wäre das nicht schon genug gewesen, sagt mir das Display jetzt auch noch, wo im Laden ich das Parfüm finden kann, das ich ausgewählt habe. Ich gehe also zu dem Dior-Aufsteller und schnuppere daran: tatsächlich, es ist ganz nach meinem Geschmack. Begeistert von dieser neuen Digital Signage Technik gehe ich zur Kasse und bin mehr als zufrieden, als ich den Laden dann verlasse. Bestimmt hat mich dieses technische Erlebnis jetzt aber doch etwas mehr Zeit gekostet, als ich eigentlich erübrigen kann, aber nein, ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich sogar immer noch etwas Zeit habe. Hmm, denke ich, vielleicht noch gemütlich einen Kaffee trinken?